Am Samstag, den 8. Juni fand nun bereits zum zweiten Mal eine Feier zum Christopher Street Day (CSD) in Wernigerode statt – einem Gedenk- und Demonstrationstag der queeren Gemeinschaft, dessen Name an einen Aufstand von Homosexuellen und anderen Minderheiten gegen Polizeiwillkür und Ausgrenzung in der New Yorker Christopher Street im Jahr 1969 erinnert. Wie schon 2023 wurde auch in diesem Jahr einige Tage zuvor – am 6. Juni – ein überkonfessioneller Gottesdienst zum CSD unter dem Titel „Kreuz und Queer“ in der Wernigeröder Christuskirche begangen, organisiert durch den Christlichen Hochschulbeirat der Hochschule Harz sowie die Studierendengemeinde. Die gut 50 Anwesenden wurden von Hochschulpfarrerin Dr. Angela Kunze-Beiküfner und Pfarrer Reinhard Witte durch den Gottesdienst geführt und durften sich über mehrere hervorragende Gesangsdarbietungen des Hochschulchors („I have a dream“) unter der Leitung von Cathleen Jokel freuen.
Als Predigerin konnte Regionalbischöfin Bettina Schlauraff gewonnen werden, die sich als eine der Ansprechpersonen der Gruppe „Queer in der EKM“ für queere Menschen einsetzt, die in der Kirche Diskriminierung erfahren oder seelsorgerische Beratung wünschen. In ihren bewegenden Worten griff sie die Lebensgeschichte von Micha auf, einem jungen Homosexuellen, der über viele Jahre mit Ausgrenzung, Selbstzweifeln und dem Wunsch nach Unauffälligkeit zu kämpfen hatte, bis er zu der Überzeugung gelangen durfte, dass Gott mehr für ihn im Sinn hat, als ein Leben „in Selbstgeißelung und Traurigkeit“, in Verleugnung und Verletzung, in Einsamkeit und Abkehr von der Welt. Wen Gott zum Salz der Erde machen will, der muss das eigene Licht nicht unter den Scheffel stellen, darf so sein, so leben, so lieben wie er oder sie empfindet – so die hoffnungsvolle Botschaft der Predigt.
Stellvertretend für das Organisationsteam des CSD Harz lud Robin Luge anschließend zur Teilnahme an der CSD-Parade sowie zum gemeinsamen Weg von der Hochschule Harz zur CSD-Kundgebung auf dem Wernigeröder Marktplatz ein. Nach einem weiteren bewegenden Auftritt des Hochschulchors („We trust in the Name of the Lord, our God“) konnten sich alle Besucherinnen und Besucher abschließend noch bei einem kleinen Imbiss in der Christuskirche austauschen. Der CSD selbst verlief dann am Samstag erfreulicherweise ohne alle Anfeindungen und Zwischenfälle und mit großem Zulauf aus vielen gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Institutionen.
Eine vollständige Aufzeichnung findet sich beim Offenen Kanal Wernigerode:
Text: Christian Reinboth
Fotos: Ursula Meckel
Video: BRaVE Magazin